Mit dem e-bike und Zelt - Pfingsten 2025
von Heidelberg ins Jura

Die Deutsche Bahn als Drama Queen

Es ist schon eine Sucht dieser frühe Blick auf das Smartphone. Noch halb im Reich des gerechten Schlummers erfahre ich, dass meine Reise entfällt. Die Deutsche Bahn hat sich gemeldet und die Zugfahrt abgesagt. Das ist doch völlig überdramatisiert. Aber jetzt bin ich wach. Ich kann alle 30 Minuten den Zug nach Neustadt nehmen. Als ich das letzte Mal so eine Szene gemacht habe, war ich in der dritten Klasse. Weil mich die Charlotte nicht hat knutschen wollen, habe ich gesagt: phh und eben gedacht, dass alle Mädchen doof sind und ich nie irgendwas zu tun haben will mit denen da.

Tag 1- Anfahrt in die Vogesen - 7. Juni 2025

Pannenpech

Das Reparaturwerkzeug schlummert ganz unten in der Seitentasche. Ich habe ja alles gecheckt vor der Abreise. Und dann seit langen mal wieder ein Platten. Und genau deswegen ist mir auch etwas bammelösig: wie ging nochmal das Hinterrad raus? Unter ständigem Nörgeln habe ich irgendwann den Schlauch in den Händen und suche in dem Brunnenwasser nach den Insignien der Undichtigkeit. Ja wirklich, genau in dem Moment als ich den Plattfuß bemerke, ist neben mir ein alte Kirche mit Brunnen. Und zu meinem Unverdruß finde ich keine aufsteigenden Bläschen oder irgendein Sprudeln. Ich baue einfach alles wieder zusammen, pumpe abgezählte 300 mal, bis der Reifen eine Mindesthärte hat. Die nächsten Stunden hält es.

Die ersten Kilometer

Das hat schon einen Charme, eine bestimmte Strecke immer wieder zu fahren. Es ist die erste Etappe zum Camping Fleckenstein, wo eigentlich immer die Tradition des Freundetreffens gepflegt wird. Jedesmal ist die Strecke ganz anders, weil ein Philosoph nie zweimal in denselben Fluss fällt. Aber es gibt eine sehr schöne deja vu Dichte. Der erste Kaffee beim Bahnhofsbäcker, der Unterstand gegen einen Regenschauer und immer gerne wieder die Stelle, an der ich meinen Freund Kilian vom Fahrrad geholt habe, weil er partout nicht ins Bild der Kamera gepasst hat. Lauter Reminiszenzen und so ist es hier die dejavuesierteste Strecke in meinem Portfolio.

Ein ganz normaler Weltuntergang

Ich bin doch früh auf dem Camping Fleckenstein angekommen. Pascal, der Campingcapo, gibt mir 25min zum Zeltaufbau. Dann kommt die ewige Flut. Die Wege hier stehen nach kurzer Zeit unter Wasser. Das macht das Abendprogramm ziemlich mühsam. Und es soll bis morgen mittag so weitergehen. Für heute ist es genug, liebe Welt, ich gehe in mein Plastikhaus und belausche den Regen.

Die Tagesetappe auf Komoot 

Tag 2 - Aufbruch im Regen - 8. Juni 2025

Als erstes der Blick auf das smartphone: es ist 5:30 Uhr in der Frühe, momentan ist alles trocken, aber in einer halben Stunde ist der Regen zurück. Also wieder Räumungsalarm. Alles verpacken, die tausend Teile im Zelt und dann das nasse Zelt einwursteln. Dann ab in den Waschraum, in dem ich auch gestern den Regen überstanden habe. Jetzt gibt es erstmal Frühstück im Trockenen und der Regenradar wird leer geguckt. Ich hätte gerne Kekse oder Schokolade.

Hier in dieser Waschküche lehnte über Nacht ein Rucksack mit einer Schachtel Nussriegel. Sehr viele Riegel und jetzt einer weniger. Mir wird langweilig und wenn nichts passiert, werden immer mehr Riegel weniger. Ich könnte einen Plausch mit Pascal in seinem Führerbunker machen und schmeiße mich für die 100m ins komplette Regenornat. Dann ist da aber gar niemand in der Rezeption. Dann fahre ich eben in den Regen und teste die Klamotten auf Dichtigkeit.

Durch Elsässische Dörfer

Das geht eigentlich ganz gut im Regen zu radeln. Das Ding ist aber, dass man ja auch anhalten will. Etwas anschauen, hinsetzen und vespern. Man steht halt doof im Regen. Leider null Cafés. Ich finde zumindest einen Bäcker und erwerbe einen Keks. Der mir gehört.

Premium Gegend hier im Elsass. Eher unten in der Ebene und nicht oben in den Vogesen sind die alten Dörfer charmant gepflegt. Und so ganz langsam gewinnt die Sonne gegen die Wolken. Und sie hat noch einiges vor. Die nächsten Tage sollen richtig heiß werden. Mein Fahrrad ist völlig eingematscht und schon am zweiten Tag putze ich alles blank. Die Satteltaschen müssen ja auch ins Zelt.

Der ewige Schlamm

Das hätte ich nicht sagen sollen, dass die Sonne gewinnt. Da hauen die Wolken nochmal ein Gewitter raus, wo ich gerade den letzten großen Anstieg auf schlammigen Pfaden vor mir hab. Gerade das Radl geputzt, da sau ich mich von oben bis unten in Matsch ein. Unten angekommen am Kanal Marne muss ein weiterer Brunnen zur Grundreinigung herhalten. 2x Großputz an einem Tag.

Das war anstrengend heute mit dem Regen, dem ständigen Wind und den schlammigen Strecken. Ich wollte mir eigentlich das Schiffshebewerk anschauen, wo die Schiffe in einer große Wanne den Berg hochgezogen werden. Aber meine letzte Aufmerksamkeit widme ich der Anfertigung von einer Portion Spaghetti.

Die Tagesetappe auf Komoot 

Tag 3 - Der ganze Kleiderschrank - 9. Juni 2025

Beim Camping ist manches ziemlich einfach. Was ziehe ich heute an? Einmal den Kleiderschrank. Komplett. 3 Paar Socken, alle 3 T-Shirts, 2 Pullover, lange Unterhose, Daunenjacke und obendrauf die Antiregenschicht. Es soll heute endlich mal wärmer werden, aber offenbar braucht dafür jemand Anlauf. Es startet bei 7 Grad und mir ist einfach kalt. 3 Schlüppis halten die Stellung, ansonsten muss alles herhalten gegen die Frühmorgenskälte.

Es geht hoch in den Vogesenwald auf engen, noch nassen Pfaden. 1plus mit halbem Sternchen auf der Romantikskala. Nach 35km hat mich die Zivilisation wieder und ich sehe die ersten Menschen des Tages.

Ich habe das gegoogelt: der Intermarche in Schirmeck hat Pfingstmontag geöffnet. Pusteblume und nix wars. Ich habe bis morgen Mittag noch eine Packung Nüsse. Doofes Schirmeck, doofer Intermarche.

Durch die Vogesen

Was so ein carefour für Glückskeksgefühle auslösen kann. Ich darf mir alles kaufen, was ich mir schon immer kaufen wollte. Es ist alles da in genügend Mengen. Das letzte Baguette habe ich ergattert.
Gibt es schon ein Buch über das Broteschmieren? Könnte man schlecht unter Kochbücher subsumieren. Eher unter Lebensratgeber. Also, ich würde das übernehmen. L’ Art de Broteschmieren

Sahnetag

Absoluter Sahnetag, Sonne, überall Sonne.
Ich bin recht früh auf dem schönen Camping Municipal und wasche alle meine Katzen. Die Klamotten könnten noch trocken werden. Was mich aber umtreibt, wo die eine Socke geblieben ist. Ich wollte sie gestern Nacht irgendwann anziehen. Das hat aber wohl nicht geklappt, weil es zu eng im Schlafsack war oder ich einfach zu schnell wieder eingeschlafen bin. Ich habe jedes Gepäckstück auf dem Boden ausgebreitet. Nirgends und niente. Es treibt mich um.

Die Tagesetappe auf Komoot 

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